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Layout im Web?

m. w. ist html eine seitenbeschreibungssprache (wie z.b. auch tex). damit ist es für mich ein layout, wenn ich mit html eine seite so gestalte, als wäre sie ein blatt papier. daß es links gibt, ist dabei nur nebensächlich.
beweis: wäre die erstellung von www-seiten kein layout, hättest du nur reinen ascii-text auf dem schirm. und sogar das könnte man mit verschiedenen mitteln noch für ein layout benutzen (z. b. blocksatz in spalten etc.).

HTML ist keine Seitenbeschreibungssprache.
Eine Seitenbeschreibungssprache hat als Basis eben eine Seite (fixes Format einer Fläche) zur Verfügung und arrangiert darauf dann nach den Beschreibungskommandos Texte, Grafiken und sonstige Objekte nach genauen Vorgaben. Bei einer Seitenbeschreibungssprache wie PostScript hat man während der Arbeit bereits das Ausgabeformat mit Abständen, genauem Aussehen und Details festgelegt.

HTML hingegen definiert den für den Menschen erkennbaren Inhalt und die Struktur des Dokuments. Text fließt im Wesentlichen so, wie es der Webbrowser für richtig hält. Was für ihn "richtig" ist, sind Markierungen im Text, die ein Textelement z.B. als Überschrift definiert. Wem das Verfahren auf den ersten Blick unsinnig erscheint, sollte sich die genauere Idee dahinter verdeutlichen.

Ursprünglich wurde HTML dazu entwickelt, wissenschaftliche Texte plattformunabhängig zu transportieren. Plattformunabhängigkeit war hierbei ein entscheidendes Kriterium, denn in jeder Forschungseinrichtung findet sich ein mittleres Rechnerchaos: verschiedene Unix-Systeme, Apple-Rechner, PCs mit Windows, OS/2 oder NeXT-Step arbeiten gemeinsam in einem Netzwerk. Von Bildschirmgrößen, Programmcode oder Ausgabemöglichkeiten kann man sich in so einer Umgebung komplett verabschieden, wichtiger ist die Möglichkeit, Texte sauber und einfach strukturieren zu können.

Um dies zu erreichen, wurde HTML unter den Beschreibungen von SGML (Standardized General Markup Language) konzipiert. SGML wiederum wurde zu einer Zeit entwickelt, in der man gerade Typenraddrucker entwickelt hatte.

HTML bot in der ersten Version nicht einmal die Möglichkeit, Bilder darzustellen, dafür aber Listen, Zitate, Autornotizen und Überschriften verschiedener Ordnung. Das Prinzip war einfach, schließlich mußte man nur jeden Text mit einfachen Markierungspunkten (engl. "Tags") umschließen:

ein stark <strong> betonter </strong> Text
wurde dann vom Browser passend dargestellt:
ein stark betonter Text

Wie der Browser nun etwas "stark betont", blieb ihm überlassen. Texte kann man fett, kursiv, unterstrichen oder in einer anderen Größe darstellen, eine Sprachausgabe kann die Sprecherstimme entsprechend anpassen.

Mit der Kommerzialisierung (WWW als Werbemedium) kamen dann Grafiker und Designer dazu, denen das zuwenig war und die nach grafischen Mitteln verlangt haben. Da in einigen grafischen Browsern bestimmte Markierungspunkte ein bestimmtes Aussehen hervorbringen, fing man damit an, "grafisch" zu arbeiten und nach dem Aussehen im eigenen Browser zu urteilen. Viele Browser rücken z.B. Listen etwas nach rechts ein - also verwendete man das Listenzeichen, um Text nach rechts zu schieben. Man wollte mehr Kontrolle über Schriftgrößen - also erfand man einfach ein paar Zusatzmarkierungen wie z.B. das FONT-Tag.
Daß man hiermit die errungenen Möglichkeiten oder oft auch die technischen Standards zu HTML mit Füssen tritt, fiel da nicht ins Auge.

Ein besonderes Beispiel ist die interne Infoseite des Netscape Navigator "about:mozilla" (lokale Version). Der Quelltext der Seite wird vom Netscape Navigator "korrekt" dargestellt - aber vom HTML-Validator des W3C als in jeder Hinsicht ungültiger HTML-Code anerkannt.

Indem man diesen Strukturierungselementen nun ihre Funktion nimmt, macht man diese faktisch wertlos, denn niemand kann sich auf sie nun mehr verlassen und Hersteller neuer Browser wie Opera oder iCab werden dazu gezwungen, die gleiche Darstellungsweise anderer Browser nachzuahmen. Wenn man darüberhinaus noch grob ungültigen Quelltext im Browser akzeptiert und diesen so gut wie möglich versucht, darzustellen statt ihn als mangelhaft anzumängeln, so fördert man den Wildwuchs unter den Webseiten und erschwert sich als Browserprogrammierer zudem zukünftige Arbeit sehr.

HTML 4 setzt hier massiv an und versucht, den Strukturierungselementen ihre Funktion wiederzugeben: von Browserherstellern "dazugenommene" Markierungen wie "font" werden als "deprecated" verbannt, viele ehemals optionale Dinge wie Alternativtexte bei Bildern werden zur Pflicht.
Verwendet man die Cascading Style Sheets von HTML 4, so kann man jedem Markierungspunkt (Tag) ein definiertes Aussehen (14 Pixel hoch, fett, 2 cm Abstand vom Rand, ...) geben. Ziel dahinter ist, Strukturierungselemente fortzuführen, Designern aber die einfache Möglichkeit zu geben, das optische Aussehen gezielt ändern zu können.

Referenzen

Das W3C ist ein Kommitee aus Vertretern von über 100 Firmen und vielen freien Webentwicklern. Für diesen Artikel liegen hier besonders viele Referenzen zum W3C, da letztlich das W3C das Konsortium ist, das z.B. den Standard bei HTML erst definiert und selbst in guten Dokumentationen wie SelfHTML von Stefan Münz oder der HTML-Einführung von Hubert Partl. viele Fehler, Ungenauigkeiten und "Designtips" verborgen sind, die an genau diesem Artikel fehl am Platze wären. Dennoch folgen hier einige Artikel, die die Schwachstellen der "Designerweiterungen" aufzeigen und auch ein Eingeständnis vom Autoren des Buches "Killerwebsites".

Anders Henke, 10.04.1999