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Bremsraketen im Web?

Viele Anwender klagen über niedrige Geschwindigkeiten im Web. Mit ein wenig Überlegung kann man dem allerdings auch Abhilfe schaffen und die Handbremse lösen.

Das ganze Internet ist viel zu langsam, das wird sich aber in den nächsten Jahren ändern.

Es wird sich nicht ändern. Die Technik wird zwar immer schneller, höher, weiter - dies betrifft aber sowohl die Rechner beim Anwender wie auch die Server. Behält man die gleichen Publishing-Techniken bei, so würde "das Internet" schneller - mit zunehmender Leistung entdeckt man aber auch zunehmend neue Möglichkeiten, die allerdings wieder Leistung fordern.

Rechenkunststück

Die meisten Onlinedienste rechnen zu ihren Kunden "nach Zeit" ab. Verbringt man mehr Zeit im Internet, so fällt auch die Rechnung höher aus: Ob man diese Zeit mit Warten hat, ist der Rechnungsstelle egal. Der Provider hat hier kein großartiges Interesse, daß die Kunden ihre Daten schnell bekommen - sie sollen zufrieden sein, das reicht erst einmal.

Geschäftskunden hingegen erhalten von den Providern eine Aufstellung nach Traffic, ebenso rechnen die Provider unter sich nach Traffic ab. Traffic ist einfach die übertragene Datenmenge pro Zeit. Hier ist es im Interesse des Providers, daß die Rechnungsempfänger ihre Daten möglichst schnell bekommen - denn dann können sie mehr abrechnen und die Kunden belegen auch etwas weniger Zeit auf den Einwahlports.

Viele Onlinedienste rechnen zu ihren Kunden auch in Pauschaltarifen ab. Wieviel Zeit oder Traffic man verbraucht, ist da egal (in den Geschäftsbedingungen stehen dann aber auch oft Formulierungen wie "in üblicher Menge", mit denen sich der Provider das Recht vorbehält, Dauernutzer davon auszunehmen). Diese Pauschaltarife entstehen einfach, indem man den durchschnittlichen Traffic aller Privatkunden berechnet, da noch ein wenig draufschlägt und das dann als Pauschaltarif ansetzt. Letztlich ist dies ein durchschnittlicher Traffic, den man bezahlt - ist man weniger im Netz als der Durchschnittskunde, so zahlt man drauf, nutzt man deutlich mehr, so hebt man den Schnitt und damit auch eventuelle Preisberechnungen.

Die Lösung an dieser Stelle wäre einfach, daß man auch Privatkunden nach Traffic abrechnen würde - die Provider wären an hoher Geschwindigkeit zum Kunden interessiert.
Gleichzeitig kann man aber die Abrechnung nach Traffic den Kunden schlecht verkaufen, schließlich bringen die Onlinedienste "nach Zeit" den Leuten doch schon in ihrer Werbung bei, daß man nur für tatsächliche Leistung bezahlen würden.

Providerwahl

Rund die Hälfte aller Onlinekunden Deutschlands sind über den Onlinedienst T-Online angebunden. Die Deutsche Telekom unterhält zwar einen der größten Internet-Backbones Deutschlands, von diesem wird aber nur ein sehr geringer Anteil T-Online zur Verfügung gestellt. Der Großteil wird von anderen Providernetzen oder Geschäftskunden genutzt - und dort erfolgt eine Berechnung in einer Mischung aus Pauschaltarif und klassischer Traffic-Berechnung.

Wem T-Online zu langsam ist (ohne den Webcache ist T-Online für sehr viele Dinge zu langsam!) oder wer einfach mehr Leistung braucht, um z.B. ein Netzwerk ans Internet anzubinden, sollte gleich zu einem örtlichen Provider wechseln. Hier findet man oft nicht nur die Technik, sondern auch einen sehr guten Vor-Ort-Support wie auch eine faire Beratung.
Privatpersonen finden bei den Vereinen des Individual Network oft auch günstige Pauschaltarife, die sich auch finanziell schon für jeden lohnen, der mehr als 20-30 DM auf seiner T-Online-Rechnung stehen hat.

Wer auf eine Abrechnung nach Traffic nicht ausweichen will, kann auch etwas am persönlichen Komfort drehen, um "sein Internet" schneller zu kriegen.

... und buuunt!

Das Web ist nicht unbedingt der Ort, an dem ein Bild mehr als tausend Worte sagt. Normalerweise ist es genau umgekehrt: ein einfaches Portrait-Foto zu übertragen dauert länger als einige tausend Worte zu übertragen.

Die großen Browser bieten allesamt die Möglichkeit, die Übertragung von Bilder auszuschalten. Stellt man fest, daß eine Site ohne Bilder unbenutzbar ist, kann man z.B. in Netscape Navigator den Button "Images" betätigen, woraufhin die Bilder dieser Seite dann doch geladen werden (und nebenbei sollte man auch dem Webmaster der Site eine nette Nachricht schicken, er möchte doch diesen Umstand bitte ändern).

Gerade, wenn man Informationen zusammensucht, ist das Browsen ohne Bilder eine sehr geschickte Sache, um schnell und einfach an Informationen zu gelangen.

Wann?

Das Internet wird oft als "Datenautobahn" bezeichnet und genauso ist es auch: wer sich am Freitag-Nachmittag um 17 Uhr auf die Autobahn begibt, könnte genausogut mit dem Fahrrad fahren - viel schneller geht es mit dem Auto nämlich auch nicht :-)

Mittags zwischen 12 und 14 Uhr gibt es einen Ansturm auf das Internet - denn da ist in vielen Firmen einfach die Mittagspause.

In Deutschland sind die von den Anwendern gewählten Internetprovider aus Kostengründen im Telekom-Ortstarif zu finden. Entsprechend der Tarifstruktur der Telekom verhält es sich dann auch mit der Internet-Nutzung. Es gibt einen Ansturm gegen 18 Uhr (ab da dauert eine Telefoneinheit zweieinhalb statt eineinhalb Minuten tagsüber), gegen 21 Uhr gibt es dann noch einmal einen zweiten Ansturm (denn dann kann man für eine Telefoneinheit vier Minuten telefonieren).

Auch für den Server, auf den man zugreifen möchte, gilt diese Regel. Ist in den USA gerade Mittagspause (was z.B. gegen 18 Uhr hierzulande der Fall ist) so sollte man sich den Download des neuen StarWars-Trailers von den Apple-Servern in den USA gleich sparen - denn dann sind in den USA die Firmensurfer und hier die ersten Telefonkosteneinsparer gleichzeitig unterwegs.

Dementsprechend ist zu diesen Zeiten auch "das Internet" einfach höher frequentiert. Wer einen Provider mit schlechter Internet-Anbindung, geringer Bandbreite (Leistung) oder ein langsames Modem verwendet, bekommt dies zu diesen Zeiten deutlich zu spüren. Wer seinen Provider nicht wechseln möchte, kann sich angewöhnen, zu anderen Uhrzeiten im Internet unterwegs zu sein. So ist morgens um 7 Uhr ist "das Internet" schnell ...

Technologie, die Lesezeichen setzt: Bookmarks

Eine Bookmark (Microsoft nennt sie "Favoriten") ist ein "Lesezeichen" in einem Webbrowser. Im Gegensatz zum Bücherlesen hat man aber die Möglichkeit, mehrere Lesezeichen zu verwenden, um sich interessante Stellen zu markieren.

Hat man viele davon, kann man diese sinnvollerweise in Ordnerhierarchien unterbringen. Für den Macintosh gibt es das sehr hilfreiche Programm URL Manager, der zwischen verschiedenen Programmen die gleiche Bookmark-Datenbank behält.
Der Internet-Trainer Darrel E. Knutson verwaltet mit diesem Programm mehr als 20000 Bookmarks - und findet prompt auf so ziemlich jede Frage eine URL, die weiterhilft.

Nicht abschweifen

Wenn Sie im Web unterwegs sind, um nach einer Information zu suchen, sollten Sie dieses Ziel auch konsequent verfolgen. Fallen Ihnen interessante Sachen auf, so sollten Sie diese Sachen einfach in Bookmarks (z.B. in einem Bookmark-Ordner "zu lesen") ablegen und später erledigen.

Kopien - Webcache und Mirrorsites

Webcache-Proxyserver und Mirrorsites können sehr gut mithelfen, Engpässe im Web zu vermeiden. Ein Webcache speichert Seiten, die ein Anwender geholt hat und schaut bei weiteren Anfragen einfach auf dem Originalserver, ob sich die Dateien geändert haben. Die Funktion ähnelt sehr der Cachefunktion Ihres Webbrowsers - nur, daß der Webcache die Seiten mehrerer Anwender zwischenspeichert, so wesentlich mehr und wesentlich effizienter mit diesen Anforderungen umgehen kann. Nach der Statistikfunktion der Webcaches können rund 35% aller Webseiten aus dem Webcache des Providers geliefert werden - das ist durchaus ein Argument zur Nutzung eines Proxies.

In einem anderen Artikel auf Sysiphus.de finden Sie eine Beschreibung dieser Turbolader fürs Web.

Wenn Ihr Provider einen Proxy oder Webcache bietet, sollten Sie diesen auch nutzen. Wenn dieser Proxy nur sporadisch funktioniert oder immer veraltete Seiten liefert, sollten Sie Ihren Provider darauf ansprechen und ggf. den Provider wechseln.

Eine Mirrorsite ist einfach eine 1:1-Kopie (Spiegelung) einer Website, die einfach an einem anderen Ort liegt und täglich automatisch aktualisiert wird.
Da sie an einem anderen Ort sind, können die Verbindungen zu Mirrorsites deutlich schneller sein als zu den Originalservern. Die Tucows-Softwaresammlung ist so eine Website, die fast ausschließlich in Mirrorsites zu haben ist. Unter http://www.tucows.com/ findet sich in erster Linie eine Liste der Sites, wo man die Tucows-Kopien findet. Da eine Verbindung innerhalb Deutschlands bei den meisten Providern deutlich schneller ist als eine Verbindung übe reine USA-Leitung, kann man z.B. über http://tucows.fh-reutlingen.de/ einen deutschen Mirror finden.

Fenster, Fenster, Fenster!

So ziemlich jeder Webbrowser kann mehrere Fenster öffnen.
Ich lese so z.B. mein tägliches Newsprogramm verschiedenener Newssites: fünf Browserfenster zu je etwa 700x600 öffnen und in jedem eine vorbereitete Bookmark öffnen. Die Seiten laden, ich kann die ersten Nachrichten durchlesen, während die anderen Seiten noch geladen werden. Wenn alle Seiten fertig geladen sind, wird die Online-Verbindung getrennt. Auf diese Weise dauert es kaum drei Minuten, bis alle Seiten geladen sind und man spart Telefongebühren; wenn man mit dem Durchlesen einer Seite fertig ist, schließt man einfach das Fenster und landet im nächsten Fenster, wo die nächste Seite bereits fertig dasteht.

Wechselspannung

Netscape Navigator ist inzwischen ein mehr als fünf Jahre altes Programm, das ständig um Features und Funktionen erweitert wurde. Der Microsoft Internet Explorer ist ein Programm, bei dem alle Features von Netscape schnell und ohne Rücksicht auf Ressourcen nachprogrammiert und wiederum erweitert wurden. Um Stabilität und das Entfernen alten Ballastes hat sich man sich bei beiden Produkten längst nicht so gekümmert wie um ein Wettrüsten in Funktionen und gegenseitiger Inkompatiblität.

Der Microsoft Internet Explorer hat große Darstellungsprobleme mit Tabellen und baut diese oft zwei- oder sogar dreimal neu auf, je nach Version sind vollständig korrekte Java-Applets nicht richtig ausführbar. Der Netscape Navigator verbraucht im Laufe der Arbeitszeit immer mehr Speicher und hat Darstellungsprobleme mit Cascading StyleSheets.

Im Prinzip müsste man diese Software von Grund auf neu entwickeln - was andere Firmen auch getan haben. Opera Software hat für Windows-Systeme einen neuen Webbrowser geschrieben, der klein und schnell ist, aber fast alles unterstützt, was auch MSIE und Navigator können. Für Macintosh-Rechner entwickelt die iCab-Company einen schlanken und schnellen Webbrowser entwickelt, der momentan noch kein JavaScript kennt, dafür sehr viele Objekte aus HTML 4, die weder MSIE noch Netscape Navigator verarbeiten können.

Sowohl Opera wie auch iCab sind sehr spannende Software, die man sich ruhig einmal anschauen sollte - der Download von Opera ist nur wenig größer als ein MB, iCab liegt etwas darunter. Bei den Größen darf man ruhig einmal testen ...

Hardware tauschen

Wenn alles andere fehlschlägt - werfen Sie dem Problem etwas Geld zu, dann verschwindet es für einige Zeit. Mit einem ISDN-Anschluß und ISDN-Karte statt analogem Modem wird die Übertragungsgeschwindigkeit zum Rechner deutlich erhöht.

Entgegen der Werbung eines Herstellers von Heizplatten, EPROMs, Netzwerk-Switches und verschiedenen Prozessoren zur Beschleunigung von Ein-/Ausgabe-Prozessen sind die heutigen Prozessoren mehr als schnell genug, um mit den paar kb pro Sekunde zurechtzukommen, die über das Internet in den heimischen Rechner tröpfeln.

Interessante Links

Anders Henke, 08.05.1999