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E-Mail für Einsteiger

E-Mail begann als einfaches Kommunikationsmittel, mit denen sich Leute gegenseitig Nachrichten schreiben konnten. Die Softwareentwicklung ging jedoch immer einen Schritt weiter und bietet heute Möglichkeiten, verschiedene Schriften, Farben, Bilder, Töne und Videofilme neben Webseiten und allem möglichen mitzuschicken.

Leider hat dies einen Nachteil - die Software macht es enorm einfach, man übersieht aber die Grenzen dieses Systems.

7 Bit und der Mailserver kippt ein Pils hinter die Binde

Das Transportprotokoll für E-Mail, SMTP, wurde vor vielen Jahren entwickelt, als man praktisch ausschließlich 7-Bit-Ascii-Zeichen verwendete (das schließt Umlaute, Sonderzeichen und Binärdateien fast vollständig aus, da diese das 8. Bit benötigen. Möchte man 8-Bit-Daten über so eine 7-Bit-Verbindung transportieren, muß man die Daten umkodieren - die zu kodierenden Zeichen werden hierbei mit 7-Bit-Zeichen umschrieben und später von der Software wieder zurückkodiert. Bei Binärdateien führt dies dazu, daß die übertragene Datenmenge 30% höher liegt als die unkodierte Datenmenge. Verschickt man eine 1 MB große Datei, so ist diese während des Transports 1,3 MB groß.

Das Transportprotokoll SMTP ist auch nicht für den Versand größerer Datenmengen geeignet, ebenso der Empfang größerer Datenmengen über das Empfangsprotokoll POP3 ist eine sehr ungeschickte Sache, da die Serversoftware für diese Protokolle E-Mail für eine Person zumeist in einer einzigen Datei aneinanderhängt und vor dem Empfang wieder auseinandertrennt, was den Empfang stark verlangsamt und den Mailserver deutlich belastet. Daher tragen viele Provider in ihren Mailservern feste Limits für den Empfang von Mail ein: Anwender dürfen nur eine bestimmte Datenmenge empfangen, jede Mail über dieses Limit wird vom Mailserver nicht akzeptiert.

Wer es sich zur Angewohnheit macht, große Datenmengen per E-Mail zu verschicken, wird diese Probleme sehr deutlich zu spüren bekommen und sollte die automatisierten Nachrichten des Mailservers genau lesen, warum eine Nachricht nicht zugestellt werden konnte.

Word-Dokumente statt Mail?

Es ist auch keine gute Idee, die eingeschränkten Formatierungsmöglichkeiten vieler E-Mail-Software umgehen zu wollen, indem man einfach den Text als Word-Dokument schreibt und dann dieses Word-Dokument als Attachment (Dateianhang) verschickt: dadurch geht man davon aus, daß der Empfänger Word-Dokumente lesen kann, was zum Glück nicht immer der Fall ist.

Durch die vielen Versionen und die verschiedenen Feinheiten der Word-Dokumente ist es einfach keine gute Idee - osteuropäische Umlaute über Word-Dokumente nach Westeuropa zu transportieren ist ein Problem für sich - immer fehlen trotz korrekter Zeichensätze bestimmte Sonderzeichen und nur durch parallel verschickte Faxversionen kann man dem langsam auf die Schliche kommen.

Hinzu kommt noch die Schnellspeichern-Funktion, die nur die Änderungen zur ursprünglichen Fassung des Dokuments sichert. Hat der Empfänger nun die falsche Version von Word, so ignoriert Word diese Änderungen und zeigt die ursprüngliche Fassung an. Je nach Dokument (Angebot, Rechnung, ...) kann die Anzeige der "falschen" Fassung dann eine geschäftliche Katastrophe sein - wenn z.B. die alte Fassung an einen Konkurrenten gerichtet war und dort ein anderer Preis für die gleiche Leistung steht ...

Antworten auf Word-Attachments sind auch nur deutlich schwerer zu verfassen; hat man im E-Mail-Programm noch die Möglichkeit, gezielt bestimmte Textpassagen der Vorgängernachricht zu zitieren, so geht dies beim Word-Attachment daneben.

Ablage

Attachments an sich sind nicht schlecht. Ich verwende sie selbst gerne, wenn mal ein Dokument oder ein kleines Programm verschickt werden soll. Verschickt man seine E-Mail jedoch ausschließlich über Attachments, so bekommt man ein Ablageproblem: verschiedene E-Mail-Software wie z.B. Eudora sammelt eingehende Attachments in einem Ordner. Die Nachrichten an sich lassen sich gut in verschiedene E-Mail-Ordner einsortieren, die Attachments dazu jedoch müssen manuell an anderer Stelle untergebracht werden, wodurch auch Attachment und Mail voneinander getrennt werden.

Kranker Rechner?

Entgegen vieler Behauptungen kann eine E-Mail nicht durch bloßes Lesen am Bildschirm einen Rechner infizieren. Eine Ausnahme sind hier wieder Word-Dokumente oder Attachments: hier können sich sowohl Makroviren wie auch "richtige" Dateiviren verstecken. Wer Attachments empfängt, sollte diese von einem Virenscanner überprüfen lassen. Dies aber bedeutet, daß man vor dem Lesen einer Nachricht erst Dokumente scannen lassen muß - E-Mail wird so zu einer sehr umständlichen Angelegenheit.

Wer selbst Administrator ist, kann zwar einen E-Mail-Virenscanner auf dem lokalen Mailserver installieren, entbindet damit aber niemanden von der Gefahr durch andere Probleme oder von der verwendeten Software nicht erkannte Viren in Attachments.

Format zeigen?

Neuere E-Mail-Software (z.B. Outlook 98 oder Netscape Mail) bietet die Möglichkeit, Nachrichten im "HTML-Format" zu versenden. Das Verfahren funktioniert gut, wenn der Empfänger eine ähnliche Software hat. Ist dem nicht so, so bekommt er seltsame Zeichen, Zahlen und Symbole angezeigt, zwischen denen die Nachricht untergeht. Wenn eine Nachricht nicht gut lesbar ist, könnte das an den Einstellungen der E-Mail-Software liegen.

Der letzte Satz in HTML-Mail mit ein paar Formatierungen sieht in einem Nicht-HTML-fähigen Mailprogramm z.B. so aus:

Wenn eine Nachricht <b>nicht</b> gut lesbar ist, k&ouml;nnte das an den <font COLOR="#FF0000">Einstellungen</font> der <font SIZE=+1>E-Mail-Software</font> liegen.

Dies ist keine Grund zur Aufforderung, Mailsoftware zu wechseln! In vielen Unternehmen wird an jedem Arbeitsplatz die gleiche Software verwendet, um Administrationsprobleme zu vermeiden, der Anwender kann und darf hier keine eigene oder andere Software installieren. In größeren Unternehmen wie z.B. Daimler-Chrysler wird z.B. Lotus Notes eingesetzt. Der Webbrowser von Lotus Notes unterstützt keine Frames, der E-Mail-Client keine HTML-Mail. Im Zusammenspiel zwischen Notes-Anwendern jedoch ist diese Software eine sehr gute Lösung im Workgroup-System und eine sehr effektive Software.

E-Mail-Software an sich

E-Mail-Software unterteilt E-Mail in zwei Gruppen: Software, die "puren Text" und "alles andere" versteht. Einige Software kann HTML interpretieren, andere text-enriched, andere MIME-kodierten Mailtext. "Puren Text" hingegen kann jede Software verstehen und vor allem leichter verarbeiten. Das fängt beim schnellen Versand an, geht über die leichten Möglichkeiten zur Automatisierung und endet nicht zuletzt da, daß man beim Versand einer Nachricht darüber entscheidet, was für Möglichkeiten der Empfänger mit der Nachricht erhält.

Mindestens die erste E-Mail an einen neuen Kommunikationspartner sollte man im "puren Text" schreiben. Je nachdem, wie derjenige daraufhin antwortet, kann man sich dann an dessen Stil anpassen. Viele Leute zitieren aus einer längeren Nachricht z.B. satzweise und kommentieren dann abschnittsweise, andere zitieren die gesamte Nachricht und schreiben darüber oder darunter dann ihre Antwort. Ob letzteres nun Faulheit durch eine schlechte Software ist oder diese Leute dies zur Ablage benötigen, kann man selbst nicht entscheiden. Mit einer "puren-Text"-Nachricht lässt man ihnen jedoch alle Möglichkeiten und schränkt sie nicht von vornherein auf bestimmte Software mit bestimmten Merkmalen ein.

Interessante Links

  • Eudora ist ein beliebter E-Mail-Client für Macintosh und Windows
  • Sendmail ist die wahrscheinlich komplexeste Serversoftware zum Versand von E-Mail
  • Tucows ist ein Katalog verschiedener Software rund um "Internet". Alleine die Rubriken zur E-Mail-Software für verschiedene Software zeigen, mit wie viel Software weltweit gearbeitet wird.

Anders Henke, 28.03.1999